Depression – Wie fühlt es sich an?

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Inspiriert von einem Beitrag von Nannis Welt darüber, wie sie mit Depressionen umgeht und lebt, möchte ich mich dem Thema anschließen. Denn auch ich leide seit vielen Jahren unter Depressionen und immer noch ist es ein Thema, das man unter den Tisch kehrt. Nanni hat mit ihrem Beitrag viel Mut bewiesen, zugleich aber Betroffene ebenso Mut gegeben – Mut, zu sich und der Krankheit zu stehen. Mut, auch mit Depressionen ein schönes Leben führen zu können.
Ich weiß, es hat überhaupt nichts mit Büchern zu tun, aber hinter Glitastic Books steckt eben auch nur ein Mensch, der einiges erlebt hat und das mit euch teilen möchte. Vielleicht kann ich dem ein oder anderen einen Denkanstoß geben.
In meinem Beitrag möchte ich euch nun von einigen meiner Lebensabschnitte von der Diagnose bis hin zum heutigen Zeitpunkt erzählen. Wie habe ich es gemerkt? Was habe ich getan? Wie lebe ich damit? Und vor allem, wie fühlt es sich an, depressiv zu sein?

Meine früheste Erinnerung an leichte depressive Verstimmungen habe ich als Jugendliche mit 15 Jahren. Damals waren es nur zwei bis drei Tage, an denen ich mich einfach schlapp und antriebslos gefühlt habe. Ich tat es mit dem Gedanken ab: “Ach, das wird schon wieder.” Ja, es wurde wieder. Wieder schlimmer.
Hin und wieder hatte ich eben diese Tage und langsam wurde mir bewusst, dass es vielleicht doch nicht nur eine Übellaunigkeit war. Dieses Verhalten plätscherte jahrelang dahin, denn schließlich machten sich die paar Tage Fehlzeit in der Schule nicht bemerkbar. Ich überstand die Zeit in der Realschule und machte 2013 schließlich die Fachhochschulreife.
Dann jedoch folgte ein Abschnitt in meinem Leben, der alles veränderte. Ich war beruflich unglücklich, todunglücklich. Täglich mit Bauchschmerzen aufzustehen war wahrlich keine schöne Angelegenheit. Ich versuchte nur noch, die Tage zu überleben. Denn leben tat ich nicht mehr. Dieser Lebensabschnitt lockte die Depression aus der hintersten Ecke in die vorderste heraus. Tag für Tag spürte ich die Depression wie eine Last, wie ein tonnenschweres Gepäck auf meinen Schultern. Es raubte mir jeglichen Spaß, jegliche Freude und sogar die Liebe zu den Büchern. Gelesen habe ich in dieser Zeit nicht, denn ich hatte schlicht und ergreifend viel zu viele Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirrten und jeden Zentimeter einnahmen.

Ich bin nicht gut so, wie ich bin.
Ich bin zu schüchtern.
Ich bin zu leise.
Ich bin… falsch.

All diese Gedanken hatte man mir eingeredet und da ich von Grund auf ein sehr schüchterner und unsicherer Mensch war, habe ich es geglaubt. Ich habe anderen Menschen, die mich nicht ansatzweise kannten, geglaubt. Sie haben ein Urteil über mich gefällt, ohne überhaupt das Recht darauf zu haben. Die Gedanken setzten sich in meinem Kopf fest und verstärkten die Depression noch mehr.
Lethargie, Antriebslosigkeit und Ziellosigkeit füllten mich immer mehr aus. Es verlangte mir unmenschliche Stärke ab, jeden Tag aufzustehen. Abends konnte ich nicht abschalten. Es fühlte sich an, als hätte dieses Monster, das einst so klein und unscheinbar schien, mich vereinnahmt. Nun war ich diejenige, die sich klein und unscheinbar fühlte.
Wann hatte ich das letzte Mal gelacht, gar gelächelt? Nicht einmal geweint hatte ich, so sehr habe ich all die Gefühle und Probleme in mich hinein gefressen. Auch Panikattacken bestimmten meinen Alltag – ich zitterte, weinte, wollte nur noch weg. Viele Menschen verursachen mir auch heute noch Stress, doch keine Panik mehr.
Bis ich irgendwann nicht mehr konnte. Weinend brach ich vor meiner Hausärztin zusammen und konnte nicht die Worte finden, um auszudrücken, was in mir vorging. Erst da begriff ich, wie schlecht es mir ging. Erst da begriff ich, dass es mehr war. Ich war depressiv und auch noch heute bin ich es, denn eine Depression kann immer wieder kommen.
Dann ging alles ganz schnell und ich hatte einen Termin bei einer Psychiaterin, die ich sehr schätze und bei der ich nicht viel sagen muss, da sie es mir immer ansieht, wenn es mir schlecht geht. Antidepressiva habe ich anfangs genommen, doch schnell wieder abgesetzt, da es für mich nicht die Lösung war. Auch eine Verhaltenstherapie habe ich gemacht, aber die half nur mäßig.
Das ist nun drei Jahre her. Meine berufliche Erfahrung, die größtenteils negativ war, hatte mich geprägt. Sie hatte die Depression mit noch mehr Treibstoff gefüttert und mich in meinem Leben eingeschränkt. Ich war nicht mehr der Mensch, der ich einmal war.

Sie starren mich an.
Sie verurteilen mich.
Ich kann doch sowieso nichts.

Immer noch schweiften die Gedanken, die ich eingeredet bekommen habe, in meinem Kopf herum. Sie führten dazu, dass ich nicht Mal mehr regelmäßig zur Schule gehen konnte. Panik überkam mich an der Kasse im Supermarkt, wenn ich bezahlen musste. Blicke von Fremden ließen Selbstzweifel in mir aufkommen. Freude war mir schon lange ein Fremdwort.
Ich hatte Ziele, ja, aber nicht die Kraft, sie zu erreichen. Ein halbes Jahr war ich zu Hause. Ein halbes Jahr, in dem ich über vieles nachgedacht habe und das mir gezeigt hat, dass ich nie den Glauben an mich selbst verlieren sollte. Mein Lebenslauf ist nicht geradlinig und lange Zeit habe ich mich dafür geschämt.
Dafür geschämt, nicht die Ansprüche der anderen zu erfüllen.
Dafür geschämt, nicht normal zu sein.
Dafür geschämt, depressiv zu sein.
Ich habe mich nicht gemocht, überhaupt nicht. Ich war mit mir selbst unzufrieden.
In diesem Zeitraum habe ich mit meinem Blog begonnen und das gemacht, was ich liebe: Lesen und darüber berichten, mit Autoren sowie Verlagen zusammenzuarbeiten. Ich habe viel über Selbstliebe nachgedacht und recherchiert. Man sollte sich selbst lieben, denn DU bist der Mensch, mit dem du die meiste Zeit deines Lebens verbringst.
Ich kann euch kein Rezept dafür nennen, der Depression zu entkommen. Ich habe ihr den Mittelfinger gezeigt. Ich will mich nicht mehr von der Depression einschränken lassen. Es ist mein verdammtes Leben und nicht das jemandes anderen. Natürlich gibt es heute noch Tage, an denen ich unsicher bin und meine Selbstzweifel versuchen, mich einzuholen. Ich denke mir dann: Scheiße, nein! Stop! Du kriegst mich mich nicht klein!
Mittlerweile kann ich wieder Freude verspüren. Ich kann lieben. Aber auch wütend sein. Oder traurig. Aber vor allem kann ich eines: Das Leben und all die kleinen Dinge wertschätzen. Die Regentropfen auf dem Dachfenster, ein schönes Zitat in einem Buch, der Klang einer Violine, das eisige Gefühl von Schnee auf der Haut oder die verdammt geilen Schuhe bei Deichmann (ups). Ich bin noch lange nicht so weit, mich mit allen Ecken und Kanten zu leben, aber es ist in Ordnung, Ecken und Kanten zu haben! Wisst ihr, wie viele Chancen das Leben euch gibt? Nein. Also lebt, liebt und lacht. Heult, wenn euch zumute ist, aber schmeißt dann das Taschentuch hin und tanzt wieder los!

Habt Freude am Leben, macht es zu EUREM Leben.

Alles Liebe,
eure Larissa

5 Gedanken zu „Depression – Wie fühlt es sich an?

  1. Liebe Larissa,ein sehr schoener ,offener und ehrlicher Beitrag! vielen herzlichen Dank dafuer! ich leide aehnlich lange unter Depressionen,wenn auxh nie so heftig, aber schlimm empfinde ich sie trotzdem! Mach weiter so, liebe Dich selbst und sei gut zu Dir! Auch wenn wir uns nicht kennen, bin ich mir sicher,du bist ein wunderbarer Mensch!
    Sabrina

    1. Liebe Sabrina,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Ich werde weiterhin an mir arbeiten und hoffe, du genießt dein Leben ebenso 🙂 Wir lassen uns nicht unterkriegen!

      Ganz liebe Grüße,
      Larissa

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