Schon wieder so ein persönlicher Blogeintrag, was? Nachdem mein Beitrag über mein Leben mit Depressionen so oft aufgerufen wurde und ich viele positive Kommentare von euch erhalten habe (Danke dafür!), habe ich mir überlegt, so etwas öfter zu machen. Den Beitrag tatsächlich zu veröffentlichen, hat viel Mut von mir gefordert. Doch irgendwie hat es mir gut getan, all die Gedanken, die jahrelang in meinem Kopf herumschwirrten, mit anderen zu teilen. Es hat sich befreiend angefühlt. Natürlich hoffe ich auch, dem ein oder anderen Mut gemacht zu haben.
Diesmal möchte ich euch von etwas anderem erzählen. Noch viel länger als unter Depressionen leider ich an einer sozialen Phobie. Hier habe ich eine Definition gefunden, die dem meiner Meinung nach ziemlich nahe kommt:
Was ist eine Soziale Phobie?
Menschen mit einer Sozialen Phobie fürchten, von anderen Menschen als merkwürdig, peinlich oder gar lächerlich empfunden zu werden. Ihr Verhalten (z.B. wie sie gehen, essen oder reden) oder sichtbare Zeichen ihrer Angst (z.B. Erröten, Schwitzen oder Zittern) sind ihnen peinlich.
Die Angst bezieht sich oft auf Situationen, in denen man beobachtet oder bewertet werden könnte – wie bei Prüfungen oder beim Reden oder Essen in der Öffentlichkeit. Sie kann aber auch in Situationen auftreten, in denen man Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen möchte oder muss, z.B. bei Unterhaltungen mit Fremden, mit Menschen des anderen Geschlechts oder im Umgang mit Autoritätspersonen. Situationen wie diese vermeiden Menschen mit sozialer Phobie möglichst oder halten sie nur unter starker Angst durch.
Dabei kommt es häufig zu körperlichen Angstreaktionen (z.B. starkes Herzklopfen, Übelkeit, Durchfall oder Muskelanspannung), die sich bis zu einer Panikattacke steigern können. Wer eine soziale Phobie hat, kann Schwierigkeiten haben, einen Partner zu finden oder einen Beruf erfolgreich auszuüben, obwohl die persönliche Qualifikation dies zulassen würde.
(Quelle: Psychenet.de)
Ich nenne es immer so: Krankhaft schüchtern. Denn jahrelang hatte ich keinen Begriff für meine extreme Schüchternheit. Schon seit Kindheitstagen war ich schüchtern. Im Kindergarten, in der Grundschule, immer. Die ErzieherInnen im Kindergarten hatten meinen Eltern damals auch einen Psychotherapeuten empfohlen, aber sie (und ich) dachten: Das wird schon, es ist nur Schüchternheit. Ich war leise und sprach selten, was in der Grundschule und der weiterführenden Schule allmählich zu einem Problem wurde. Meine mündliche Mitarbeit im Unterricht war miserabel, denn ich traute mich schlicht und ergreifend nicht, mich zu melden. Ich könnte ja etwas falsches sagen und ausgelacht werden. In der Familie hingegen war ich aufgeschlossen, redete, lachte – ja, ich war fast ein normales Kind. Als würde ein Schalter in mir umgelegt werden, sobald ich auf andere Menschen traf und still war.
“Sag doch mal was!”
“Du redest bestimmt keine tausend Wörter am Tag!”
“Warum bist du so leise?”
Natürlich blieb ich auch nicht vor oben genannten Sprüchen verschont. Die Fragen oder Aussagen sind unangenehm und peinlich. Was antwortet man darauf? Und wieso zum Henker soll “Sag doch mal was!” bezwecken, dass ich anfange wie ein Wasserfall zu reden? Bitte sagt das zu keinem schüchternen oder soziophobischen Menschen, denn es bewirkt nur noch mehr Unsicherheit.
Dennoch hatte ich in der Schule Freunde gefunden, unterhielt und traf mich mit ihnen. Doch meine auffällige Schüchternheit machte mir weiterhin Probleme, besonders während meiner Ausbildung. Als ich irgendwann im Internet surfte, stieß ich auf den Begriff Soziale Phobie und die Symptome passten wie die Faust aufs Auge!
Ich habe Angst, von Menschen beurteilt oder beobachtet zu werden. So sehr, dass ich mich teilweise nicht traute, vor anderen zu essen oder trinken. Das klingt verrückt, oder?
Ich versuchte, stets den Blick abzuwenden und keinem in die Augen zu schauen. Zittern und Herzrasen überkam mich, sobald ich an jemanden vorbei lief. Schweiß und Panik überkam mich an der Kasse am Supermarkt und ich vermied es, lange in meinem Geldbeutel nach Kleingeld zu suchen. Ich wollte nicht die vernichtenden oder verurteilenden Blicke der anderen sehen. Auch mit jemandem zu sprechen, war eine Qual für mich. Ich fühlte mich stets verurteilt und zudem hatte ich jedes Mal panische Angst, wenn ich einen Termin mit einem Vorgesetzten hatte. Die soziale Phobie führte auch bei mir zu einem Vermeidungsverhalten, was ich damals vehement nicht wahrnehmen wollte. Ich schrieb lieber vier E-Mails als einmal zu telefonieren. Unangenehme Aufgaben habe ich aufgeschoben.
Meine Hände zittern.
Mein Herz rast unaufhörlich.
Ich schwitze vor Angst.
Ich fühle ihre Blicke.
Ich kann gar nicht beschreiben, was für eine Last diese Gedanken waren. Ich war nicht fähig, mich von ihnen zu befreien, dabei haben sie mich fast erdrückt. Die Tatsache, dass ich depressive Phasen hatte, machte es alles nur noch schlimmer. Ich habe zugelassen, dass die Depression und soziale Phobie in meinem Leben alles eingenommen haben. Sie haben zerstört, was mir Freude gemacht hat. Meine Psychiaterin hatte mir vor einigen Jahren diese Diagnose auch bestätigt, was zugleich erleichternd war, da ich endlich eine Antwort hatte. Aber auch erdrückend, weil ich nicht nur mehr depressiv, sondern auch soziophobisch war. Wie ich meinen Weg aus diesem Teufelskreis gefunden habe, habe ich im vorherigen Beitrag über Depressionen erzählt.
Genauso wie die Depression wird die soziale Phobie aber immer ein Teil von mir bleiben. Ich bin nicht geheilt. Ich bin immer noch schüchtern und werde es immer sein, was absolut ok ist. Denn so bin ich, auch wenn andere Menschen Schüchternheit nicht verstehen können. Manchmal spüre ich die Symptome der sozialen Phobie in mir aufkommen, doch auch diese versuche ich zu stoppen. Ein großer, entscheidender Faktor spielt bei mir auch das berufliche und familiäre Umfeld, welches beides heute viel viel besser ist.
Mein Verhalten oder meine Handlungen sind heute manchmal immer noch auf die soziale Phobie zurückzuführen, aber ich versuche, über meinen Schatten zu springen. In den letzten Monaten hab ich einige Fortschritte gemacht und hoffe, dass es so weitergeht. Übrigens ist einer dieser Fortschritten, dass ich mich vor die Kamera setze und mit meinen Facebookfollowern über Bücher quatsche – ich meine, das ist verrückt. Davor hätte ich das niemals gemacht. Davor hätte ich auch niemals einen Blogeintrag über Depressionen und soziale Phobie geschrieben UND veröffentlicht. Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich (das darf man auch mal sein).
Dann wars das mal wieder mit einem seeeeeehr persönlichen Beitrag von mir.
Habt Freude am Leben, macht es zu EUREM Leben ♥
Alles Liebe,
eure Larissa
Huhu Larissa,
toller Beitrag! .>
Daher drücke ich dir ganz fest die Daumen, dass auch du weiterhin gut damit umgehen kannst und weiter über dich hinaus wächst. :3
LG Alica
Hey Alica,
danke dir! 🙂 Das hoffe ich auch und ich werde mich auf keinen Fall unterkriegen lassen.
Liebe Grüße
Larissa
Hallo Larissa,
da bin ich gerade zum ersten Mal auf deinem Blog gelandet und wollte eigentlich durch deine zahlreichen buchigen Beiträge stöbern und dann bleibe ich ausgerechnet hier hängen. Wobei “ausgerechnet” nicht ganz richtig ist, denn zufällig war der Klick hierhin nicht. Viel mehr war es ein Muss, denn auch ich leide an einer Angststörung und habe diesen Teil meines Lebens auf meinem Buchblog verbloggt. Ich weiß daher, wie schwer es sein kann, das zu tun und lese deswegen jeden Beitrag, der in diese Richtung geht, weil ich meinen Hut ziehe. Ganz toller Beitrag!
Viele liebe Grüße,
Maike
Hallo liebe Maike,
es freut mich, dass du den Weg auf meinen Blog gefunden hast 🙂 Da geht es dir übrigens ähnlich wie mir, denn ich lese solche Beiträge auch immer sehr gerne. Man fühlt sich ein Stückchen weniger allein und mehr verstanden. Vielen vielen Dank für deinen Kommentar, ich habe mich sehr darüber gefreut 🙂
Ich muss gleich mal auf deinem Blog vorbeischauen und stöbern 😛
Liebe Grüße
Larissa