Marie von Steven Uhly
Klappentext:
Der zwölfjährige Frido erzählt seiner kleinen Schwester Chiara eine aufwühlende Gutenachtgeschichte. Sie handelt von einem alten Mann, der ein Baby stiehlt. Als Chiara kurz darauf ihrer Mutter davon erzählt, reagiert diese schockiert. Im Affekt schlägt sie ihre Tochter. Von diesem Moment an gerät die kleine Familie aus dem Gleichgewicht. Veronika Kelber reibt sich auf zwischen ihrem Leben als Alleinerziehende und dem Anspruch, eine gute Mutter zu sein. Und dann ist da noch der Schmerz einer unsichtbaren Wunde, Schuldgefühle und die Erinnerung an ein furchtbares Versagen… (Quelle: Amazon)
Dies beeinflusst jedoch in keinster Weise meine Meinung.
Meine Meinung: Steven Uhlys Marie ist das erste Buch, welches ich von ihm gelesen habe und zunächst sprang mich das schlichte, aber dennoch wundervolle Cover an. Auch der Klappentext klang sehr vielversprechend und mir war bewusst, dass es sich hierbei um keinen Gute-Laune-Romane handelt.
Es geht um die Familie Kelber, die aus der alleinerziehenden Mutter Veronika und den drei Kindern Frido, Mira und Chiara besteht. Der Vater ihrer Kinder hat sich ein neues Leben mit einer anderen Frau aufgebaut und nimmt die Kinder am Wochenende mal zu sich, aber auch nur wenn es unbedingt sein muss. Veronika ist mit der Situation überfordert und schafft es gerade mal, den Kindern eine Tiefkühlpizza aufzutischen. Dem ältesten ihrer Kinder, dem elfjährigen Frido, wird die Verantwortung für seine zwei Schwestern übertragen. Er muss sich darum kümmern, dass sie pünktlich zur Schule kommen, ihre Hausaufgaben machen, sich anziehen und keinen Unsinn treiben.
Als Frido Chiara eines Abends eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt, stellt sich heraus, dass diese viel realer ist als angenommen. Und die Geschichte nimmt ihren Lauf…
“Jetzt spürt sie eine kalte Gleichgültigkeit in sich, als ob sie nur ein kleines Insekt wäre, dessen Schicksal ebenso vorhersehbar wie bedeutungslos ist.”
Seite 85
Der Autor beschreibt in seinem Buch, wie schwierig, herausfordernd und mühsam es ist, allein für drei Kinder verantwortlich zu sein, sich ständig Gedanken darüber zu machen, wie man über die Runden kommt und nebenbei auf der Arbeit sich keinen Fehler leisten kann. Diesen Druck, der auf Veronika Kelber lastet, schildert Steven Uhly sehr authentisch und berührend. Auf jeder Seite spürt man die Anspannung, den inneren Zwist der Mutter und wie ihr die Situationen immer mehr über den Kopf wächst.
Auf detaillierte und beeindruckende Weise werden jedoch auch die Bemühungen von Frido veranschaulicht, der es seiner Mutter recht machen und ihr jegliche Last nehmen will, was für ein Kind in seinem Alter außergewöhnlich ist. Aber nicht nur Fridos Gedanken, sondern auch die Gedanken und Wahrnehmungen seiner Geschwister werden authentisch dargestellt. So hat die Viertklässlerin Mira Probleme in der Schule und mit ihrem Freund, während Chiara sich ungeliebt von ihrer Mutter fühlt.
“Das rote Kleid vergießt seine Farben auf den weißen Fließen.”
Seite 150
Steven Uhlys Schreibstil habe ich als nüchtern empfunden, aber gleichzeitig hat er das Talent, die Gedanken aller handelnden Figuren präzise und nachvollziehbar zu beschreiben. Es geht in Marie nicht nur um familiäre Probleme, sondern auch was passiert, wenn alles zu viel wird.
Was besonders bewundernswert ist, ist die Stärke und der Zusammenhalt der Kinder, als sie auf sich alleine gestellt sind. Als Leser möchte man Veronika schütteln und sie bitten, sich helfen zu lassen, denn sie ist einfach komplett überfordert.
Das Thema stimmt einen sehr nachdenklich und grübelnd. Es vermittelt den Punkt, dass Kinder so viel mehr mitbekommen, als Erwachsene denken.
Fazit: Ein Buch, dessen ernstes Thema nachdenklich stimmt und man nicht einfach zwischendurch liest.