Diesen Beitrag zu schreiben (und tatsächlich zu veröffentlichen), ist mir schon lange ein großes Anliegen. Und doch habe ich, auch gerade während ich ihn schreibe, Angst davor. Warum genau, kann ich nicht sagen. Schließlich habe ich schon von meiner Depression, der Angststörung und anderen persönlichen Themen berichtet. Vielleicht aber habe ich Angst davor, weil es für mich noch persönlicher ist, intimer und ich erst letztes Jahr eine Erklärung für mein Problem gefunden habe: Vaginismus.
Bestimmt fragen sich viele, was zum Henker Vaginismus ist. Möglicherweise habt ihr schonmal davon gehört oder gelesen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass selbst Frauen oft keine Ahnung haben, dass es Vaginismus gibt und sie womöglich betroffen sind. Deshalb habe ich hier eine kurze Definition für euch herausgesucht:
Unter Vaginismus (oder auch Scheidenkrampf) versteht man eine unwillkürliche Verkrampfung oder Verspannung des Beckenbodens und des äußeren Drittels der Vaginalmuskulatur der Frau, wodurch der Scheideneingang eng oder wie verschlossen erscheint. Vaginalverkehr, eine gynäkologische Untersuchung und das Einführen von Tampons oder anderen Objekten können dadurch sehr schmerzhaft oder – bei Vaginismus in seiner schwersten Ausprägung – unmöglich sein.[
Quelle: Wikipedia
Kurzum: Die Vagina verkrampft sich und ein Eindringen ist unter Schmerzen kaum oder gar nicht möglich. Hört sich schlimm an, oder? Ihr fragt euch, warum das passieren kann? Dafür kann es viele Gründe geben, beispielsweise hat man Angst vor einer Schwangerschaft beim Sex, dem Schmerz beim Sex selbst oder hat eine traumatische Erfahrung durchlebt (Missbrauch, natürliche Geburt usw.).
Vaginismus lässt sich in zwei Arten unterscheiden:
1. Primärer Vaginismus: Es war nie möglich, etwas schmerzfrei in die Vagina einzuführen.
2. Sekundärer Vaginismus: Durch ein bestimmtes Ereignis wird Vaginismus ausgelöst, z.B. durch ein Geburtstrauma, eine schmerzhafte gynäkologische Untersuchung usw.
Schmerzen beim Sex
Nun wisst ihr grob, was Sache ist. Also nochmal: Ich heiße Larissa und leide bzw. litt unter primären Vaginismus. Lange hatte ich keine Erklärung für mein Problem, habe mit niemandem darüber geredet und mich abnormal gefühlt. Alle reden über Sex, alle haben Sex und ich kann nicht mal einen blöden Tampon einführen, ohne dass es weh tut. Ich habe geglaubt, nie (schmerzfrei) Sex haben zu können. Wie sollte ich das auch einem Jungen erklären? Hey, ich kann keinen Sex haben. Ich habe mich geschämt und mein Problem verschwiegen.
Sicher fragt ihr euch, was man gegen Vaginismus tun kann. Leider findet man im Internet nur wenig Informationen und auch Gynäkologen kennen sich nicht immer mit der Problematik aus. Was helfen kann, Vaginismus zu überwinden, ist Beckenbodentraining, das Training mit Vaginaldilatoren (sozusagen Dildos in verschiedenen Größen, mit denen man die Vagina an das Dehnen vertraut macht) oder auch eine Sexualtherapie.
Mich persönlich haben Dilatoren mehr verängstigt als ermutigt, sodass ich mir online im Sexshop kleine Plugs bestellt hatte. Das Training damit war wirklich hilfreich für mich.
Übrigens bin ich über dieses YouTube-Video (unbedingt anschauen, ich finde es wahnsinnig gut!) erst darauf gestoßen, dass mein Problem einen Namen hat:
Wenn ihr euch das Video angeschaut habt, dann wisst ihr, dass es mit dem Satz “Entspann dich einfach” nicht getan ist. Auch Unmengen an Gleitgel bringen nichts, wenn sich die Vagina verkrampft. Dann geht einfach nichts mehr. Es tut weh, man ist verzweifelt, entmutigt, traurig, sauer auf sich und seinen Körper. Man weint Tränen, weil man Sex haben will, es aber nicht klappt. Man braucht Geduld, Geduld und nochmal Geduld. Solltet ihr betroffen sein und denken: Aber kein Mann wartet doch so lange und hat so viel Verständnis. Doch, die gibt es! Sex bedeutet nicht immer Sex im klassischen Sinne. Es gibt viele Möglichkeiten, sich selbst und dem Partner Lust zu bereiten.
Sich dem Partner zu offenbaren, ist wichtig und kann helfen. Zu zweit kann man sich dem Problem herantasten und herausfinden, was am ehesten hilft und sich gut anfühlt.
Mittlerweile habe ich den Vaginismus überwunden, wobei es hin und wieder vorkommt, dass sich meine Vagina verkrampft. Allerdings weiß ich heute, wie ich dagegen steuern und mich fallen lassen kann. Ich glaube, beim Vaginismus ist ein wichtiger Punkt, sich selbst und seinen Körper kennenzulernen und lieben zu lernen.
Da das Thema noch recht unbekannt und es mir ein Anliegen ist, etwas Aufklärung zu betreiben, gibt es hier ein paar hilfreiche Links:
- Was ist Vaginismus? Was sind die Gründe?
- Tipps zum Allein üben
- Tipps zum Üben zu zweit
- Frauenärzte, Psychotherapeuten und Sexualtherapeuten in Deutschland, die auf Vaginismus spezialisiert sind
Ich hoffe, der Beitrag hat euch gefallen oder sogar geholfen. Gerne könnt ihr mir eure Gedanken als Kommentar hinterlassen, darüber freue ich mich sehr! 🙂
Wenn ihr betroffen seid oder es vermutet und Tipps oder einfach jemanden zum Reden braucht, schreibt mir gerne eine Email an glitasticbooks@gmx.de. Selbstverständlich wird eure Nachricht vertraulich behandelt 🙂
Wow, danke Larissa für deine Offenheit. Damit machst du vielen Frauen Mut. Es ist so wichtig darüber zu sprechen, denn viel zu wenig Frauen kennen sich damit aus. Ich bin selbst auch betroffen und habe aus diesem Grund eine Webseite ins Leben gerufen, mit einer Anleitung, wie ich Vaginismus Schritt für Schritt bis zu einem gewissen Punkt heilen konnte. Ich möchte damit ebenfalls helfen, unterstützen und zeigen, dass Niemand damit alleine sein muss. Es ist heilbar und auch du kannst das schaffen. Glaub mir! <3